Ehemalige Zehntscheune, Lämmerstall und Kelter

In unmittelbarer Nähe zur abgegangenen Tiefburg, stand in der Brunnenstraße (13) die ehemalige Zehntscheune von Bauerbach. Bereits im Spätmittelalter vereinnahmte das Kloster Hirsau den Zehnten im Dorf, das im Ort eine Propstei mit Scheune und Stall im Burghof unterhielt. Seit der Zeit der Karolinger gab es kaum noch freie Bauern, die frei von grundherrschaftlichen Bindungen den eigenen geerbten Grund und Boden bewirtschafteten. Die meisten Bauern hatten aus unterschiedlichsten Gründen Besitz und Freiheit an den Grundherren verloren. Sie lebten und wirtschafteten als unfreie Hörige auf demselben Hof, den sie zuvor als Eigentum besessen hatten und musste dem Grundherrn dafür Abgaben und Dienste leisten. Bauerbach hatte als Reichsdorf gleich zwei Grundherren: den Kaiser, der jedoch seinen Grundbesitz mitsamt den dazugehörigen Rechten in Bauerbach einem adeligen Lehensmann überließ und das Kloster Hirsau, das bereits seit dem frühen 12. Jahrhundert mehr als die Hälfte des Dorfes besaß.

Bauerbach Hauszeichen Erinnerungssteine Brunnenstr 151511 verkaufte das Kloster Hirsau seinen gesamten Besitz mit den zugehörigen Rechten und der Vogtei an das Domkapitel Speyer für 4600 Gulden. Eine erhalten gebliebene Steintafel von 1705 erinnert daran, dass die hier errichtete Mauer zu einem Teil des herrschaftlichen Grundbesitzes der Domherren von Speyer in Bauerbach gehörte. Neben dem Schloss unterhielten die Domherren zeitweise auch einen Lämmerstall und eine Kelter für den erhobenen Weinzins.

Der vom Domstift bestellte Amtmann kontrollierte und überwachte fortan die Einnahme des Zehnten und durfte die Hälfte des kleinen Zehnten -als Teil seiner Besoldung, für sich behalten. Hierzu zählte auch der sogenannte „Lämmerzehnt“, den der Amtmann für die „Schlosswacht halber“, also für die Aufsicht und Schlüsselgewalt über die Burg vereinnahmen durfte. Außerdem oblag es ihm, im Namen der Herrschaft Strafen zu verhängen, wenn die zehntpflichtigen Bauern ihrer Pflicht nicht nachkamen und er durfte diese auch zu Hand- und Spanndiensten heranziehen. So mussten die Bauern zwei- oder dreimal in der Woche beim Amtmann zur Arbeit erscheinen, unabhängig davon, ob auf dem eigenen Hof alles liegen blieb oder auf dem Feld die eigene Ernte verfaulte, was immer wieder zu Streitigkeiten und Konflikten mit der Herrschaft führte.

Der Zehnte war ursprünglich eine kirchliche Abgabe und dazu bestimmt, das Kirchengebäude zu unterhalten und den Geistlichen zu versorgen. Wie der Name schon sagt, bestand dieser aus dem zehnten Teil aller geernteten Früchte, wobei man zwischen großem und kleinen Zehnten unterschied. Zum großen Zehnten gehörte nach altem Grundsatz alles, was der Halm trägt und der Schlegel drischt. Am 14. Juni 1705 umfasste der große Zehnt in Bauerbach 55 Malter Korn, 146 Malter Dinkel, 1 Malter Gerste und 50 Malter Hafer, wobei ein Malter damals in etwa 109,387 Litern entsprach. In schlechten Erntejahren gewährten die Zehntberechtigen zumeist einen Nachlass. Aber die vereinnahmten Früchte wurden in der Regel nicht verzehrt, sondern an den Meistbietenden öffentlich versteigert und der Erlös von der Herrschaft vereinnahmt.

Zum kleinen Zehnten zählten dagegen alle übrigen Früchte, wie zum Beispiel Obst, Nüsse und Hülsenfrüchte, insbesondere Erbsen und Linsen. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts umfasste der kleine Zehnt, vor allem Kartoffeln und Mais. Der kleine Zehnt umfasste aber auch den sogenannten Blutzehnten, der aus dem Lämmerzehnten, aus jedem zehnten Ferkel und jedem zehnten Milchkalb bestand. Der kleine Zehnt stand in Bauerbach zur Hälfte jeweils dem Pfarrer und dem Amtmann zu.

Nach dem Übergang an Baden wurde der Blutzehnt mit Wirkung vom 31.12.1832 in Bauerbach sowie im gesamten Großherzogtum Baden nicht mehr erhoben. 1833 wurde der „große Zehnt“ in Bauerbach offiziell mit einem Ablösungskapital von 40.543 Gulden festgesetzt. Der Zehntbezug fand im Jahre 1836 durch die damalige Domänenverwaltung in Bretten letztmalig statt. Die Abwicklung und Tilgung der Schulden dauerten jedoch noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts an. Noch am 4. Januar 1878 beurkundete der Gemeinderat „der katholischen Pfarrei dahier, am Pfarrzehntkapital noch restlich den Betrag von 1114,29 Mark schuldig zu sein und dieses Kapital vom 1. Januar 1878 an mit 5 % zu verzinsen“.

1846 brannte die gegenüberliegende Scheune infolge von Brandstiftung ab und wurde noch im gleichen Jahr neu errichtet. Heute steht an dieser Stelle ein Wohnhaus, in dessen Hoffassade die Steintafeln zur Erinnerung an die Vorgängergebäude von 1705 und 1846 eingelassen sind.

Bauerbach Hauszeichen Erinnerungssteine Brunnenstr 15Bauerbach Hauszeichen Erinnerungssteine Brunnenstr 15

            
         
         
         
         
         
         
Bildnachweise:
Bild 1: Bauerbach Hauszeichen Erinnerungssteine Brunnenstr 15, © Stadtarchiv Bretten, 2023
Bild 2: Die 1846 wiedererrichtete („Zehnt“-) Scheune, Foto um 1985, © Stadtarchiv Bretten, 2023
Bild 3: Bauerbach Hauszeichen Erinnerungssteine Brunnenstr 15, © Stadtarchiv Bretten, 2023