Fortschreibung des Regionalplans: Gemeinderat stimmt in seiner nächsten Sitzung über seine Stellungnahme zum Entwurf des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein ab

Der Regionalverband Mittlerer Oberrhein (RVMO) betreibt derzeit die Gesamtfortschreibung des Regionalplans. Der RVMO hat in seinem Regionalplanentwurf unter anderem für die Zukunft zu schützende Freibereiche von Natur und Landschaft vorgesehen und Flächen für zukünftige Siedlungserweiterungen in der Kernstadt Bretten sowie in den Stadtteilen vorgeschlagen.

Neben Flächen für neue Wohngebiete enthält der Regionalplanentwurf auch Siedlungserweiterungsflächen, die später als Mischgebiete, Sondergebiete oder Gewerbe- und Industriegebiete entwickelt werden können. Der RVMO selbst macht in seinem Regionalplanentwurf keine verbindlichen Vorgaben, wie eine Fläche zukünftig genutzt werden soll. Zur Vereinfachung der Diskussion über die zukünftigen Siedlungsflächen hat die Verwaltung für den Gemeinderat Vorschläge zu deren zukünftiger Nutzung unterbreitet.

Die Stadt Bretten wird vom RVMO am Planungsverfahren beteiligt und kann aktuell als ein Träger öffentlicher Belange ihre Stellungnahme zum Regionalplanentwurf abgeben. Der Gemeinderat stimmt in seiner nächsten Sitzung über den vorliegenden Entwurf des Regionalplans ab und entscheidet über den Inhalt seiner Stellungnahme dazu.

Die Verwaltung hatte bereits zur letzten Gemeinderatssitzung eine umfangreiche Sitzungsvorlage mit Text- und Kartenunterlagen vorbereitet, doch der Gemeinderat sah vor seiner Entscheidung zunächst noch Informations- und Diskussionbedarf. Daher wird der Gemeinderat nun am 20.07.2021 über den Inhalt der zum Regionalplanentwurf abzugebenden Stellungnahme entscheiden. Alle Ortschaftsräte haben im Juni bereits in öffentlichen Sitzungen über die Gemeinderatsvorlage beraten und entschieden. Die Vorlage ist im Internet für alle Bürgerinnen und Bürger einsehbar auf der Seite der Stadt Bretten im Bürgerinfoportal einsehbar (Regionalplan, GR-Beschlussvorlage 153/2021 vom 29.06.2021 TOP3). https://sessionnet.bretten.de/bi/to0040.php?__ksinr=284&toselect=7073

Was ist Regionalplanung und was ist ein Regionalplan?

Aufgabe der Regionalplanung ist es, die Entwicklung der Region zu steuern. Sie koordiniert Fachplanungen und konkretisiert landesplanerische Ziele. Sie nimmt damit eine vermittelnde Stellung zwischen staatlicher und kommunaler Planung ein.

Die Regionalplanung wird von den Regionalverbänden gemacht. In unserer Region ist der Regionalverband Mittlerer Oberrhein zuständig. Die Region Mittlerer Oberrhein umfasst die Stadtkreise Karlsruhe und Baden-Baden sowie die Landkreise Rastatt und Karlsruhe.

Der Regionalplan wird in einem Planungsverfahren aufgestellt; auch seine Fortschreibungen werden in einem Verfahren aufgestellt. In dem Verfahren werden die Bürger, Gemeinden, Behörden und Naturschutzverbände u.ä. beteiligt und können Stellungnahmen abgeben. Der Regionalverband prüft die Stellungnahmen und entscheidet darüber, inwieweit er diese be-rücksichtigt; am Ende steht dann der rechtskräftige Regionalplan.

Welchen Entscheidungsspielraum hat Bretten?

Mit dem rechtsgültigen Regionalplan macht der Regionalverband räumliche Vorgaben für die spätere Bauleitplanung der Gemeinden. Der Regionalplan legt dabei unter anderem fest, wo Freiräume erhalten bleiben sollen und wo eine Siedlungsentwicklung durch die Gemeinden möglich ist.

Nur innerhalb der durch den Regionalverband vorgegebenen Siedlungsflächen können die Gemeinden später Baugebiete entwickeln. Sie müssen diese vorgegebenen Flächen aber nicht komplett ausweisen. Sie entscheiden entsprechend dem Bedarf selbst über deren Entwicklungsumfang.

Die Gemeinden konkretisieren die Vorgaben des Regionalplans in eigenen städtebaulichen Verfahren mittels Flächennutzungsplan und Bebauungsplänen. Bei diesen Verfahren treffen die Gemeinderäte eigenverantwortlich ihre Entscheidungen und stimmen die möglicherweise teilweise gegensätzlichen örtlichen Interessen (unter anderem Nachfrage nach Wohn- und Gewerbebauplätzen, ausreichende Flächen für die örtliche Landwirtschaft) aufeinander ab.

Was sagt die Verwaltung zu neuen Siedlungsflächen, insbesondere zum Wohnen?

Die Position der Verwaltung zu zukünftigen Siedlungsflächen im Außenbereich erläutert OB Wolff: "Aktuell sollten wir uns mit unserer Stellungnahme zum Regionalplanentwurf so positionieren, dass wir für die Zukunft sehr gute und großzügige Optionen für unsere weitere Siedlungsentwicklung erhalten. Dann können wir eigenverantwortlich, verantwortungsvoll und bedarfsorientiert die Flächenentwicklung im örtlichen Dialog selbst angehen und dabei angesichts des Klimawandels natürlich auch Klimaschutzziele sowie Ziele zum Schutz von Natur und Landschaft umsetzen.

In der Vergangenheit haben wir durch zurückhaltende und stets am realen Bedarf orientierte Flächenausweisungen schon bewiesen, dass wir nicht unnötig Eingriffe in Natur und Landschaft und in wertvollen Boden vornehmen. Für unsere restriktive Wohngebietsausweisung wurden wir teilweise auch schon kritisiert.

Wir haben derzeit eine rege Nachfrage nach Wohnbauplätzen. Ich gehe davon aus, dass das aufgrund der Attraktivität unserer Stadt auch weiterhin so bleiben wird. Daher müssen zukünftig neben der Kernstadt Bretten auch alle Stadtteile mindestens ein oder zwei Siedlungsflächen für neue Wohnbaugebiete erhalten, damit junge Paare und Familien zukünftig in ihrem Heimatort bauen können. Der Regionalverband hat selbst Flächen dafür vorgeschlagen. Diese sollten keinesfalls freiwillig von uns selbst reduziert, sondern noch um einige weitere Flächen ergänzt werden. Dann haben wir auch Alternativen, falls das eine oder andere Gebiet nicht umgesetzt werden kann“.

Die in der aktuellen Sitzungsvorlage thematisierten Wohnbauflächenentwicklungen waren bereits 2019 weitestgehend bei der Beteiligung zur Vorstufe des Regionalplans, nämlich dem Landschaftsrahmenplan, in allen Ortschaftsräten wie auch im Gemeinderat in öffentlichen Sitzungen vorgestellt, beraten und von den Gremien mitgetragen worden. Vor diesem Hintergrund erfolgte aktuell die Erstellung der Verwaltungsvorlage für die abzugebende Stellungnahme an den Regionalverband.

Wo kann sich Bretten zukünftig gewerblich entwickeln?

Insbesondere wird sich der Gemeinderat auch mit möglichen Flächen für die zukünftige gewerbliche Entwicklung von Bretten befassen. Es gilt eine Flächenvorsorge für die gewerbliche Wirtschaft vorzunehmen, damit sich vorhandene Unternehmen weiterentwickeln können und Bretten nicht verlassen müssen, wie in der Vergangenheit mangels vorhandener geeigneter Flächen vereinzelt schon geschehen.

Eine große gewerblich-industrielle Flächenentwicklung in Alleinlage im Bereich Bretten-Nord lehnt der Regionalverband ab. Hier hat der RVMO jedoch mit seinen Grünfestlegungen jede zusätzliche Neuausweisung von Gewerbeflächen ausgeschlossen, die allerdings auch eine teure Abwasserbeseitigung und Regenrückhaltung nach sich gezogen hätte.

Eine nochmalige Erweiterung des Industrieschwerpunkts in Gölshausen - über den geplanten, anstehenden Abschnitt VII hinaus - ist aufgrund vorhandener topografischer Verhältnisse und anderer Restriktionen nicht möglich.

In der Kernstadt hat der RVMO im Bereich der gewünschten Verbindung der L 1103 und der B 35 sowie in Rinklingen angrenzend an die geplante B 294 Südwestumfahrung Siedlungsflächenerweiterungen vorgesehen, die anteilig dem Gewerbe dienen können.

Die Flächenausweisung in der Kernstadt ist aus Sicht der Verwaltung sinnvoll, jedoch erst nach Realisierung der Straßenverbindung L 1103 – B 35 umsetzbar, von der heute niemand weiß, wann sie kommen wird.

Die Flächenausweisung in Rinklingen wird aus Sicht der Verwaltung für eine langfristige Entwicklung als zu klein erachtet. Daher ist neben dem im Regionalplan südwestlich von Rinklingen möglichen Gewerbeschwerpunkt ein weiterer Standort zwingend erforderlich.

Falls es wider Erwarten nicht zu einer Umsetzung der Südwestumgehung B 294 bzw. nicht zügig zu dieser Trasse kommen sollte, erscheint eine gewerbliche Entwicklung bei Rinklingen – nur mit einer Sackgassenanbindung an einen überörtlichen Hauptverkehrsstraßenzug – kaum oder eventuell gar nicht sinnvoll umsetzbar. Auch ohne die geplante Ortsumfahrung B 294 müssen zukünftig großflächige Gewerbe- und Industrieflächen für das Mittelzentrum Bretten zur Verfügung stehen.

Im Regionalplan muss daher ein weiterer Standort ausgewiesen werden. Dafür kommt ein bereits in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts untersuchter und diskutierter Standort westlich von Diedelsheim mit Anbindung an die B 35/ B 293 in Betracht (Karlsruher Dreieck). Eine interkommunale Entwicklung in diesem Bereich wäre möglich und ist auch seitens der Nachbargemeinde Gondelsheim denkbar.

Bislang ist diese Flächenentwicklung im Bereich Karlsruher Dreieck vom RVMO nicht vorgesehen. Aus Sicht der Verwaltung gibt es zu diesem Standort aktuell keine andere echte Alternative. Andere großflächig nutzbare und leichter umsetzbare Standorte mit einer für den Schwerlastverkehr notwendigen Verkehrsanbindung stehen in Bretten nicht zur Verfügung.

Was sagt OB Wolff zum Standort Karlsruher Dreieck?

„Ich bin dafür einerseits mit dem grünen Freiraum verantwortungsvoll umzugehen und nicht unnötig Freiflächen und Flächen der Landwirtschaft zu verbrauchen“, informiert OB Wolff. „Andererseits haben wir nur noch eine letzte machbare Industriegebietserweiterung in Gölshausen (Abschnitt VII) für unsere Betriebe zur Realisierung vor uns.

Daher müssen wir gemeinsam folgende Fragen beantworten: Wie kann und soll Bretten als Wirtschaftsstandort zukünftig erhalten werden? Wie können wir verantwortungsvoll sicherstellen, dass sich unsere Betriebe in Bretten erweitern können? Wie können wir Arbeitsplätze in Bretten erhalten? Wie können wir die Unternehmen für die Zukunft unterstützen, die mit ihrer Gewerbesteuer einen ganz entscheidenden Beitrag zu unserem städtischen Haushalt leisten?

Aus meiner Sicht darf Bretten bezüglich weiterer Gewerbeflächen gegenüber dem Regionalverband jetzt nicht untätig sein. Es kann nicht nur abgewartet werden, bis Flächen irgendwann an den geplanten zukünftigen neuen Verkehrstrassen entstehen können. Bretten sollte aktiv auf den RVMO zugehen und auf den dringlichen Bedarf an einer neuen gewerblichen Fläche am Standort Karlsruher Dreieck hinweisen. In der zum Regionalplanentwurf erstellten Sitzungsvorlage umfasst der Standort Karlsruher Dreieck eine Bruttofläche von 88 ha. Die Verwaltung hat diese Fläche zunächst groß dargestellt, um damit einerseits den großen Bedarf an gewerblicher Entwicklungsfläche deutlich zu machen und andererseits auch einen Spielraum für anstehende Gespräche mit dem Regionalverband zu haben. Nach den zwischenzeitlich bereits erhaltenen kritischen Rückmeldungen zu dieser angedachten großen Flächenausweisung wird die Verwaltung zum möglichen Gewerbestandort Karlsruher Dreieck in der Gemeinderatssitzung einen neuen Vorschlag zur Diskussion stellen, bei dem die Flächengröße deutlich reduziert ist. Ganz auf diese Fläche verzichtet werden sollte allerdings nicht.

Nur wenn der Regionalplan jetzt eine ausreichende Entwicklung zulässt, kann in eigener Brettener Verantwortung eine zukünftige Flächenvorsorge nach unserem örtlichen Bedarf und im Dialog mit den örtlichen Betrieben und auch den örtlichen Landwirten gestaltet werden. Um demnächst in der anstehenden Fortschreibung unseres Flächennutzungsplanes und in nachfolgenden Bebauungsplanverfahren aktiv, flexibel und eigenverantwortlich im Detail über Flächenentwicklungen entscheiden zu können, steht vorher unser Einsatz für ausreichende Flächen beim Regionalverband an. Ich freue mich auf eine anregende Diskussion in der nächsten Gemeinderatssitzung darüber.“

Was passiert mit der Brettener Stellungnahme zum Regionalplan?

Nach Abgabe der Stellungnahme der Stadt Bretten zum Regionalplanentwurf wird der Regionalverband dann darüber entscheiden, inwieweit und in welchem Umfang die Vorschläge der Stadt Bretten zur Ausweisung neuer Siedlungsflächen berücksichtigt werden.