Friedenstage 2022 endeten mit abwechslungsreichem Programm

Lichterzug für den Frieden

Mit einem Vortrag von Prof. Dr. Klaus Gestwa über den Ukraine-Krieg, einem Oratorienkonzert zu Mendelssohn-Bartholdy und einem Lichterzug für den Frieden durch die Altstadt endeten die diesjährigen Friedenstage mit einem abwechslungsreichen Programm. Ein Rückblick:


Vortrag über den Ukraine-Krieg

Auf der Weltbühne ist und bleibt der Ukraine-Krieg das bestimmende Thema. Nicht nur wegen der unmittelbaren Auswirkungen für jeden von uns, beispielsweise in den Bereichen Energie und Migration, kamen auch die diesjährigen Friedenstage  nicht ohne dieses Thema aus. 

Als Dozent für einen Vortrag im Alten Rathaus konnte dazu ein ausgewiesener Experte in Fragen der osteuropäischen Zeitgeschichte gewonnen werden. Professor Dr. Klaus Gestwa, Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde an der Universität Tübingen, war nach Bretten gekommen, um über den Ukraine-Krieg zu referieren und zu diskutieren. "Das Thema könnte gerade aktueller nicht sein", sagte Oberbürgermeister Martin Wolff bei seiner Begrüßung.

Gestwa, der nach eigener Aussage zum ersten Mal in Bretten war und sich "angetan von dem schönen Städtchen" zeigte, stieg sodann detailreich und tief in die Materie ein, zitierte aus Augenzeugenberichten und schlug den Bogen aus historischer Sicht zur konfliktreichen Vorgeschichte beider Staaten und blickte auf das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen.

Im Zentrum des Vortrags stand auch der Versuch, Putins Handeln aus der Geschichte heraus zu erklären und zu verstehen, auch wenn dies selbst ihm als Wissenschaftler mit vielen Kontakten in den osteuropäischen Raum schwerfalle, so Gestwa. Auch an der deutschen Politik der vergangenen Jahre sparte der Historiker nicht mit Kritik. Dennoch bestehe "Grund zu einem vorsichtigen Optimismus, ohne spekulieren zu wollen", schloss Gestwa seinen Vortrag, den er bereits am Vormittag vor Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 1 des Edith-Stein-Gymnasiums gehalten hatte, wobei Schüler der Beruflichen Schule per Video zugeschaltet waren.

Am Abend im Alten Rathaus folgte eine lebhafte Diskussion mit einigen Nachfragen und Bitten um Einschätzung, etwa nach anderen Sichtweisen in der Wissenschaft, der Frage, warum die deutsche Politik so lange falsch lag und die Gefahr des bröckelnden Rückhalts in der deutschen Bevölkerung, was die Unterstützung der Ukraine angeht. 

Auf all diese Punkte hatte Gestwa, der aus Gelsenkirchen stammt, inzwischen mit seiner Familie aber in Tübingen lebt, pointierte und schlagfertige Antworten parat.

Nur eine Frage konnte und wollte der Wissenschaftler nicht beantworten. Und zwar die, wie lange der Krieg noch dauern wird. "Das wäre unseriös, hierauf eine Antwort zu geben", entschuldigte sich Gestwa. Es gibt Fragen, bei denen man mit allem Fachwissen an Grenzen kommt.


Klangvolles Konzert Im Grüner: Libretto nach szenischen Bibelstellen

Mit Elias, Opus 70 aus Felix Mendelssohn-Bartholdys Oratorium mit der episodischen Auseinandersetzung der Standhaftigkeit Elias in Zeiten der Unterdrückung und Götzenanbetung, endeten - zumindest musikalisch - die Brettener Friedenstage in der Halle Im Grüner in Bretten. 

Mit insgesamt elf Veranstaltungen verschiedenster Art (siehe nebenstehende Berichte), zeigten die Organisatoren und Teilnehmer „Flagge“ und forderten auf, sich immer wieder einzubringen und mit ihren Bemühungen um Frieden und Freiheit nicht nachzulassen. 

Mit der Aufführung dieser episodenhaften Aneinanderreihung gelang dem Veranstalter ein denkwürdiges Konzert. In zwei Teilen erzählten die Solisten die biblische Geschichte von Elias, einer der größten Propheten, der in der Mitte des 9. Jahrhunderts im Norden Israels lebte und wirkte. Begleitet wurden die Künstler vom Musikensemble, unterstützt von der Hochschule Karlsruhe und dem gemischten Chor der evangelischen Bezirkskantorei Bruchsal-Bretten. Elias setzte es sich zur Aufgabe, das von Gott abgewandte Volk Israel wieder zum wahren Glauben zu bringen und sich von der Götzenkultur abzuwenden. Unter der Leitung der Bezirkskantorin Bärbel Tschochohei boten die vier Solisten ein fulminantes und erstklassiges Konzert. Sopranistin und Konzertsängerin Magdalena Bränland erzeugte mit ihren klangvoll gesungenen Arien eine unvergleichliche Stimmung; kongenial auch die Duette mit Sandra Stahlheber in perfekter Ergänzung und Vervollständigung des szenisch-dramaturgischen Konzeptes. Bariton Bernd Valentin arrangierte beeindruckend die Figur des Elias – Tenor Rüdiger Linn überzeugte als Obadjah mit großartiger Stimmlage. 

Die 40 Konzertmusiker, die sich für die musikalische Auseinandersetzung mit biblischen Themen der Abgottanbetung und der Dankbarkeit des Volkes zusammenfanden, gaben dem Konzertabend eine unvergleichliche Nuance und Dramatik. Die Interpretation der kirchlichen Themen mit weltlichen Darstellungen machten aus diesem Abend einen facettenreichen Klanggenuss. 

Leidenschaftlich und mit vollem Körpereinsatz agierte Kantorin Bärbel Tschochohei und spornte ihre Musiker zu Höchstleistungen an. Ein unvergessliches und besonderes Musikerlebnis.


Lichterzug für den Frieden

Hell erleuchtet war am Montagabend die Brettener Innenstadt. Mit Friedenskerzen in den Händen zogen rund 80 Bürgerinnen und Bürger durch die Straßen der Altstadt, um gemeinsam ein deutliches Signal für den Weltfrieden zu senden. An verschiedenen Stationen präsentierten hiesige Schüler, Ministranten, Vertreter des Jugendhauses und Mitglieder des Jugendgemeinderats ihre Beiträge zum Thema "Bretten - aktiv für Frieden".

Den musikalischen Auftakt des Lichterzugs machten Hartmut Baumgärtner und Darleen Lehmann vom Jugendhaus Bretten auf dem Marktplatz mit Udo Lindenbergs "Wozu sind Kriege da" und "Zombie" von The Cranberries.

"Gemeinsam können wir zeigen, was wir von Terror, Krieg und Zerstörung halten. Wir können Solidarität zeigen, mit all denen, die unter Gewalt und Vertreibung leiden. Und wir können zusammenstehen, in der Hoffnung auf eine friedlichere Welt.", appellierte Oberbürgermeister Martin Wolff an die Bürgerinnen und Bürger und rief dazu auf, sich auch außerhalb der Friedenstage für Völkerverständigung und ein friedliches Miteinander einzusetzen.

Schülerinnen und Schüler der Max-Planck-Realschule trugen mit eigenen Texten ihre Sorgen und Gedanken zum Thema Krieg und Verfolgung vor. Schülerin Carla Ligotino stimmte dabei zusammen mit Pfarrer Gunter Hauser mit John Lennons "Imagine" auf den Abend ein, ehe der Lichterzug vom Marktplatz aus zu den Beruflichen Schulen zog. Dort präsentierten die Schülerinnen und Schüler der Klasse SGGG12-2 unter Anleitung von Englischlehrerin Fr. Bayrle selbstgestaltete Plakate unter dem Motto "(Inner) Peace", die auch eigene Gedichte und Songtexte aufgriffen.

Auf dem Alfred-Leicht-Platz trugen St. Laurentius-Ministranten mit musikalischen und textlichen Beiträgen ihre Gedanken zu einem Leben in Frieden vor, ehe der Lichtermarsch zurück auf den Marktplatz führte.

"Wir wollen ein Zeichen der Solidarität für alle setzen, die unter Krieg gelitten haben oder leiden", sagte Simon Merl vom Jugendgemeinderat und rief dazu auf, gemeinsam die Friedenskerzen in Form eines großen Peace-Zeichens niederzulegen.

Um das leuchtende Friedenssignal versammelt, luden Schülerin Carla Ligotino und Pfarrer Gunter Hauser dazu ein, gemeinsam Friedenslieder anzustimmen. So endeten die diesjährigen Friedenstage bei warmem Tee, brennenden Kerzen, einem lebendigen Austausch und dem Lied "Let Peace Be Strong" des Europe-Spirit-Songwriting-Projekts.

Veröffentlicht am 24.11.2022

Vortrag über den Ukraine-Krieg
Oratorienkonzert
Lichterzug für den Frieden
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